Rede zur Haushaltsverabschiedung am 27.03.2014 27. März 201413. Februar 2023 | Dietmar Wolf Susanne Stocks – Fraktionsvorsitzende Susanne Stocks, Grüne Fraktionsvorsitzende, Rede zur heutigen Haushaltverabschiedung im Rat: Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus Rat und Verwaltung, sehr geehrte Damen und Herren der Presse! Alljährlich nehmen wir GRÜNE die Gelegenheit wahr, mit unserer Haushaltsrede ein inhaltliches Thema zu verknüpfen, dass uns besonders wichtig ist. Diesen „Luxus“ können wir uns leisten, weil ja sichergestellt ist, dass alles was in Zusammenhang mit dem Zahlenwerk im städtischen Haushalt, zu den evtl. Verknüpfungen mit Kreis, Land und Bund zu sagen ist, von allen schon gesagt wurde oder wird und von uns nicht noch mal wiederholt werden muss. Und es wird auch diesmal nicht quälend lang. In der Kürze liegt unsere Würze, und, wie immer: Kurz, aber nicht schmerzlos! Ein Thema bestimmte die Diskussionen in diversen Ausschüssen im letzten Jahr und auch die diesjährigen Haushaltsberatungen besonders oft: die Parkplatzdiskussion in der Innenstadt. Wobei bezeichnenderweise dabei immer die Parkplätze von Autos gemeint sind. Denn über fehlende Parkplätze für Fahrräder findet keine Debatte statt. Wir verstehen, dass sich die Einzelhändler im Überlebenskampf mit den finanzstarken Ketten an jeden Strohhalm klammern. Sie haben die Hoffnung, dass viele, kostenlose Parkplätze dazu führen, dass viele Kunden in die Innenstadt kommen und hier statt anderswo ihr Geld ausgeben. Aber Hand auf’s Herz: fahren Sie in eine Stadt, wo sie zwar billig parken können, es aber kaum ein attraktives Angebot gibt? Und wenn es viele nette Geschäfte mit individuellen Angeboten gäbe, wären Sie dann nicht bereit, auch einen Spaziergang mit Ihrer Familie vom Parkplatz am Innenstadtrand aus in die City zu machen? Dann könnte der Einkauf wieder zum Ausflug werden, vielleicht mit anschließendem Essen. So wie zu Zeiten unseres tollen Wochenmarktes eben! Ansonsten ist das Einkaufsverhalten vieler Menschen momentan eher so: Parke nah, verrichte deine Pflichteinkäufe schnell, und dann nix wie weg! Das nix wie weg ist politisch ja auch gewollt: nach einer Stunde parken droht in Ratingen das Knöllchen. Nur ein attraktives Angebot könnte diese Situation langfristig ändern. Nicht die fehlenden Parkplätze verhindern diesen Mix. Der eigentliche Grund für die Misere in unserer Innenstadt sind die hohen Ladenmieten. Es ist in Teilen schon skandalös, welche Mieten für „Bruchbuden“ bezahlt werden sollen. Das Ergebnis sehen wir täglich: die Leerstände mehren sich. Zu teure Ladenmieten mit zu langen Laufzeiten produzieren Pleiten, Ramsch-Läden als Zwischenvermietungen statt qualitätsvollem Einzelhandel, wie es eigentlich der Kaufkraft von Ratingen entspricht. Dort, wo qualitätsvoller Einzelhandel überlebt, sind die Geschäfte meist Eigentümer geführt und es müssen die hohen Mieten nicht erwirtschaftet werden. In Wahlkampfzeiten ist es offenbar noch schwieriger, vorausschauende Stadtentwicklungspolitik zu machen. Das Schielen auf Wählerstimmen vernebelt den Blick für das Ganze. Dabei haben wir einen Eid „zum Wohle der Stadt“ geschworen und nicht zum Wohle der eigenen Klientel. Zu zukunftsorientierter, sprich: „nachhaltiger“ Stadtentwicklungspolitik gehört für uns: die Augen offen halten bezüglich der Entwicklungen in unserer Gesellschaft: Die Menschen werden – Gott sei Dank – immer älter, nutzen im Alter aber nicht mehr so häufig ein Auto. Bei entsprechender Fitness wird das Fahrrad genutzt, die Verkaufszahlen bei E-Bikes sind für diese Altersgruppe erheblich. Bei Mobilitätseinschränkungen wird auf Rollatoren zurückgegriffen. Hier wird der Bedarf an PKW-Stellplätzen also eher sinken. Zitat: „Das Auto als Garant für eine uneingeschränkte Mobilität und als Statussymbol scheint in Frage zu stehen. So sieht das auch die junge Generation, für die der Besitz des Smart Phones wichtiger ist als daseigene Auto. Gefördert wird der Trend in den Ballungszentren durch…neue Mobilitätsalternativen wie z.B. Car-Sharing…“ (Dies ist übrigens kein Zitat aus unserem grünen Wahlprogramm, sondern aus demEinladungstext zur Standortkonferenz am 20.11.2013 des Unternehmerverbandes Ratingen e.V., im Kleinen Saal der Stadthalle).Auch in dieser Bevölkerungsgruppe wird der Bedarf an PKW Stellplätzen in Zukunft also sinken. 15% aller VerkehrsteilnehmerInnen fahren laut einer Untersuchung des ADFC täglich mit dem Fahrrad, 40% mindestens drei Mal in der Woche. Damit sind die Fahrradfahrerinnen und Fahradfahrer eine bedeutende und rasant wachsende Zielgruppe. Vorausschauende, nachhaltige Stadtpolitik müsste nun planen, wie diesen Entwicklungen Rechnung getragen werden kann: z.B. durch die Bereitstellung von Parkflächen für Car-Sharing Angebote z.B. durch die Schaffung von weiteren Abstellanlagen für Fahrräder; hier würde sich die Tiefgarage im Hertie Haus für ein Fahrradparkhaus mit Ladestation für E-Bikes und einem Schutz vor Vandalismus oder Diebstahl besonders gut eignen. Sie liegt in unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone und auch für die Pendler, die erst das Rad und dann die Straßenbahn nutzen wollen, wäre ein bewachtes Fahrradparkhaus – wie in Holland Gang und gäbe, sehr nützlich. Statt dessen wird ausschließlich über den Neubau von Tiefgaragen nachgedacht und in Zeiten des Wahlkampfes hektisch beschlossen, wie geschehen am Beamtengässchen. Damit der Entrüstungssturm wegen der damit verbundenen Zerstörung des beliebten Spielplatzes nicht entbrennt, werden noch wilde Beschlüsse zu einem „Mehrgenerationenpark“ gefasst, damit sich irgendwie jedeR berücksichtigt fühlt. Und gestritten wird natürlich auch noch darüber, wer welchen Antrag zuerst gestellt hat. Kurze Rede, langer Sinn: Nach der Kommunalwahl haben wir diesmal sechs lange Jahre Zeit, gemeinsam ohne auf Wählerstimmen zu schielen, an vernünftigen Lösungen zu arbeiten. Da sollten u.a. nochmal die Gutachten, die in den vergangenen Jahren zu dem Thema schon in Auftrag gegeben worden sind, auf den Tisch. Es könnte z.B. auch die vom Unternehmerverband Ratingen angeregte Mobilitätskonferenz stattfinden. Wir haben die Hoffnung, dass es nach der Kommunalwahl gelingt, in Zukunft die verschiedenen Interessengruppen in unserer Stadt an einen Tisch zu bringen. Eigentümer, Händler, Gastronome, Verbraucherverbände, ADFC, VCD, Agenda Arbeitskreise, BUND, Senioren- Jugendrat und viele mehr – sie alle haben sicher Ideen für die Zukunft unserer Stadt und können mit ernsthaftem Willen am gemeinsamen Ziel arbeiten: Die zukunftsfähige, generationengerechte und natürlich auch faire Stadt Ratingen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! Es gilt das gesprochene Wort.
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