ÖPNV: Kleiner Erfolg in Lintorf, Stillstand in Ratingen

Bild: Stefan Schweihofer/PIXABAY

Eine ernüchternde Bilanz zieht die GRÜNE Fraktion am Ende eines Jahres, in dem es tatsächlich nur einen kleinen Fortschritt zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs in Ratingen gab. Auf Antrag der GRÜNEN vom Oktober 2021 wurde die Verlängerung des Linienwegs der Ortsbuslinie O19 in Lintorf über den Hülsenbergweg und die Jahnstraße von der Verwaltung gemeinsam mit dem Kreis Mettmann und der Rheinbahn geprüft und für umsetzbar befunden. Ab Anfang Januar fährt der Taxibus den neuen Linienweg, zunächst befristet ein Jahr lang im Probebetrieb. „Wir finden es super, dass zukünftig Fahrgäste aus dem Lintorfer Norden und Westen direkt am Allwetterbad und vor der Manege aus- und einsteigen können und hoffen, dass das neue Angebot gut angenommen wird“, freut sich Edeltraud Bell, GRÜNE Ratsfrau aus Lintorf.

Allen anderen in den letzten Jahren gemachten Vorschlägen zur Verbesserung des ÖPNV, für die überwiegend Konsens in der Politik besteht, ist bis heute kein Erfolg beschert. Die Verwaltung hat im September im Stadtentwicklungsausschuss eine erste Analyse des ÖPNV-Netzes und der Haltestellen in Ratingen vorgelegt.

Was die Haltestellen anbelangt, gibt es ein widersprüchliches Ergebnis. Einerseits wurde vom Umsetzungsprogramm 2016 keine einzige der 14 Haltepositionen umgebaut bzw. renoviert, andererseits wurden in den letzten Jahren zehn Haltestellen neugebaut bzw. komplett erneuert, darunter die wichtigen Knotenpunkte Ratingen Mitte und Ratingen Hösel S-Bahnhof. Was die Haltestellenqualität angeht, gibt es für die Stadt Ratingen als Baulastträger viel zu tun: Nur 16 % sind komplett und 6 % teilweise barrierefrei, Wartehallen gibt es nur für 38 %.

Die Verwaltung zeigte in ihrem Vortrag innovative Beispiele aus anderen Städten auf, wie Nutzung von PV auf dem Wartehallendach in Freiburg sowie Begrünung von Dach und Wänden in Bonn und Frankfurt. „Wir haben derartige Maßnahmen mehrfach angeregt, leider bislang ohne Erfolg“, bedauert Christian Otto, GRÜNER Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses.

Auch die Ausstattung wichtiger Haltestellen mit Dynamischer Fahrgastinformation, die immer wieder von den Bürger*innen nachgefragt wird, gibt es nur am Zentralen Busbahnhof Mitte (ZOB). Die Stadt Ratingen plant, diese elektronische Fahrplananzeige an den S-Bahnhöfen Ratingen und Hösel zu errichten. Es stellt sich die Frage, wann diese Maßnahme umgesetzt wird.

Das gilt auch für die Fahrradabstellanlagen an den Haltestellen. Großer Handlungsbedarf besteht an der Haltestelle Felderhof der U72. Die Fraktionen sind sich da einig und haben am 24.11.21 im Stadtentwicklungsausschuss zur Kenntnis genommen, dass nach vertiefter Prüfung und in Abstimmung mit der Rheinbahn und der Stadt Düsseldorf die Verbesserung der Erreichbarkeit für Fuß- und Radverkehr sowie die Schaffung von Abstellanlagen in Planung sei. Getan hat sich seitdem: Nichts!

Was das ÖPNV-Netz angeht, wurde 2014 der Nahverkehrsplan des Kreises Mettmann beschlossen, eine Überarbeitung wird nicht für notwendig gehalten und soll erst im Rahmen der geplanten zukünftigen Verkehrsprojekte erfolgen. Gleichwohl sollen einige Linien überarbeitet werden.

Bedarf besteht in der Stärkung der Mobilitätsachse Mitte – Eggerscheidt – Hösel – Breitscheid – Mülheim. Eggerscheidt ist nach 19 Uhr schlecht an Mitte angebunden, Breitscheid braucht eine bessere Verbindung zum S-Bahnhaltepunkt Hösel. Hier der Hinweis der Verwaltung auf die Erarbeitung eines neuen Nahverkehrsplans in Mülheim, den man erst einmal abwarten müsse. Verbesserungen innerhalb von Ratingen seien auch jetzt schon möglich, so die GRÜNEN.

Ebenso frustrierend, wenn es um Verbesserungen für die Schnellbuslinie SB55 von Lintorf nach Düsseldorf geht. Eine Verlängerung nach Breitscheid am Kessel bedeutet eine Verlängerung der Route um 30 Minuten wie auch höhere Kosten für die Rheinbahn und die Stadt Ratingen. Auch müsste die Endhaltestelle erweitert werden. Immerhin werden hier noch alternative Lösungen geprüft. Auch ist eine Taktverdichtung dringend erforderlich, da ab Samstagnachmittag die Schnellbusse nicht mehr verkehren und sonntags gar nicht. „Diese Regelung stammt noch aus der Zeit, als die Geschäfte samstags um 14 Uhr schlossen. Heutzutage möchte man gerne gerade am Wochenende in der Freizeit nach Düsseldorf, um einzukaufen, kulturelle Angebote wahrzunehmen oder auszugehen“, erläutert Edeltraud Bell, Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss.

Noch ein weiteres dringendes Anliegen der Lintorfer und Breitscheider kommt keinen Schritt voran: eine direkte Verbindung zum Flughafenbahnhof, solange die Westbahn noch nicht reaktiviert ist. Hier lautet die Empfehlung aus der Sondersitzung des StaMA zum ÖPNV vom 24.11.21, die Planungsergebnisse der Nachbarstädte abzuwarten, mit denen nicht vor Mitte 2022 gerechnet werden könnte. Bis jetzt gibt es keine Ergebnisse.

Den GRÜNEN liegt es am Herzen, in den Abendstunden von Mitte in die Stadtteile für alle Linien den gleichen verlässlichen Takt von 30 Minuten anzubieten. Dies gilt schon für West und Lintorf, nach Homberg hingegen fährt der Bus nach 19 Uhr nur jede Stunde, während die S-Bahn zweimal stündlich ankommt. Diesem Wunsch nach Taktverdichtung setzt die Verwaltung entgegen, dass im Kreis Mettmann zurzeit die Möglichkeiten eines On-Demand-Systems, flexible Mobilität auf Nachfrage, geprüft würden als Ergänzung zu Bus und Bahn – so könnten die Taktlücken geschlossen werden. Hiermit wurde ein Büro beauftragt, erste Ergebnisse würden Ende 2023 erwartet.

„Hier stehen wir zu Beginn des Neuen Jahres, diese Bilanz ist mehr als unbefriedigend“, so Christian Otto. „Natürlich ist uns klar, dass die Stadt Ratingen in Sachen ÖPNV nicht allein agieren kann, da der Aufgabenträger der Kreis Mettmann und insgesamt viel Abstimmung notwendig ist.“ Der Rat habe seinen guten Willen bereits gezeigt, als er eine sechsstellige Summe in den Haushalt eingestellt habe, um zusätzliche Buskilometer beim Kreis bestellen zu können. Otto abschließend: „Jetzt muss sich dringend etwas bewegen, sonst haben wir ab 1. April das 49-Euro-Ticket und kein attraktives ÖPNV- Angebot in Ratingen. So kann die Verkehrswende nicht gelingen.“