Rede zum Haushalt 2018/2019

Hermann Pöhling

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer!

Haushaltsreden in der heutigen Zeit sollen kurz und nicht langweilig sein. Kurz wird diese Rede, weil ich dem Kämmerer nacheifere: keine Zahlen! Die sind ja auch durchweg gut. Wie üblich besteht die Gefahr, dass wir uns mit dem Haushaltsplan mehr vornehmen als die Verwaltung schaffen kann. Daran trägt die Verwaltung teils selbst Schuld, weil sie zu viel vorschlägt, teils der Rat, wenn er noch aufsattelt. Insgesamt geht es Ratingen aber gut und was will man mehr!

Bevor ich ein paar Gedanken zum Thema Mobilität und Verkehr vortrage, danke ich im Namen der GRÜNEN-Fraktion sowohl der Verwaltung als auch dem Rat: der Verwaltung für zwei Jahre engagiertes Arbeiten seit der letzten Haushaltsplanberatung, dem Rat für überwiegend faires und gelegentlich erfolgreiches Zusammenarbeiten zum Wohle der Stadt Ratingen. Zu den Erfolgen zählen wir den gemeinsamen Einsatz für den Blauen See und die Springerstellen für die Kitas, zu den Mißerfolgen die Ablehnung der Baumschutzsatzung und die Reduzierung der Grundsteuern, für die ja selbst der UVR kaum Verständnis hat.

Zur Mobilität zunächst ein Zitat aus dem Samstags-Interview der RP vom 9. Dezember. Elmar Degenhart, Chef des Automobil-Zulieferers Continental, sagt darin u.a.:
„Sehr wahrscheinlich benötigen die meisten Stadtbewohner in Zukunft kein eigenes Auto mehr. Zudem werden in den Städten immer mehr Menschen leben. Schon allein aus diesen beiden Gründen müssen sich dort die Mobilitätskonzepte natürlich anpassen. Das bedeutet: die Fahrzeuge müssen zumindest lokal emissionsfrei fahren, also zum Beispiel mit Elektroantrieb. Darüber hinaus wird Car-Sharing dazu beitragen, die Anzahl der Fahrzeuge pro Stadtbewohner zu verringern. Wir haben schließlich heute schon vielerorts ein Verkehrschaos.“ Und: „Wahrscheinlich wird sich die Zahl der Autos in den Städten reduzieren.“

Hüten wir uns also davor, nicht mehr zeitgemäße Mobilitätsanreize z.B. durch mehr Parkhäuser zu geben. Das aktuell bestehende Gesamtangebot an Stellplätzen bietet nicht nur nach unserer Meinung erhebliche Kapazitätsreserven im gesamten Stadtgebiet. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, für jeden Autofahrer auf Kosten der Allgemeinheit einen billigen Parkplatz in der City bereit zu halten. Und: Strukturprobleme im Einzelhandel sind nicht durch Parkplätze zu beseitigen.

Hüten wir uns davor, falsche Erwartungen in der Bevölkerung zu wecken: nicht alle heutigen Verkehrsprobleme lassen sich investiv lösen, nicht durch Kreisverkehre, nicht durch Ampeln, nicht durch mehr Spuren für Pkws! Die Kapazität jeder Kreuzung ist endlich, irgendwann ist sie erschöpft, irgendwann verstärkt jedes weitere Auto den Verkehrskollaps. Davor bewahren uns keine noch so bunten Verkehrsgutachten. Das gilt beispielsweise für die Kreuzung bei Kels: die können wir vielleicht noch ein Stück weit optimieren, aber richtig gut kann es da in Spitzenzeiten nicht werden.

Hüten wir uns davor, Monster Trucks auf unsere Straßen zu lassen. Ladungen in dieser Größenordnung gehören auf die umweltfreundliche und sichere Schiene und nicht auf Straßen in Tiefenbroich. Ihr Einsatz ist mit erheblichen Risiken verbunden, das sagt der gesunde Menschenverstand.

Wir GRÜNEN wollen schon auf kommunaler Ebene alles tun, um zu erreichen, dass Verkehr stärker auf Schiene, ÖPNV, Rad- sowie Fußverkehr verlagert wird und dadurch die Emission von Treibhausgasen und den Energieverbrauch verringern. Gerade im Bereich des Verbundes umweltverträglicher Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs sowie Fahrräder und Fußgänger gibt es Potentiale, etwa mit Hilfe der viel beschworenen Digitalisierung die Kombination unterschiedlicher Mobilitätsangebote zu erleichtern. Auch und gerade auf kommunaler Ebene sind wir in den nächsten Jahren vor allem gefordert, die bisherige Praxis des Infrastrukturausbaus aufzugeben und klug zu investieren. Wir brauchen eine integrierte und zukunftsorientierte Mobilitätsplanung und keine Parkhäuser, weniger Verkehr, aber mehr Mobilität, auch in den Köpfen.

Es wäre schön, wenn wir da an einem Strang und in die gleiche Richtung ziehen würden.

Der letzte Satz gilt noch mal dem Haushalt:
Sofern es heute keine Überraschungen gibt, werden wir ihm wohl zustimmen.

Hermann Pöhling, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort.