Bürgerliche gegen Tempo 30 vor Schule und Kindergarten?

Nach der Entscheidung im Stadtentwicklungsausschuss über die Einrichtung weiterer Tempo-30-Zonen im Bereich Ratingen-Mitte, -Ost und -Süd stellt sich den Ratinger Grünen die Frage, wie es die CDU, BU und FDP in Ratingen mit der Verkehrssicherheit unserer Kinder halten.

Vor über zwei Jahren wurde seitens der Verwaltung ein Paket an Maßnahmen zur Beruhigung und Sicherheitssteigerung auf innerstädtischen Straßen vorgeschlagen. Nun liegen die Änderungen für den Straßenverkehr vor und umfassen u.a. Maßnahmen zum Lückenschluss im Tempo-30-Gebiet Ratingen-Ost (Bruchstraße), sinnvolle geschwindigkeitssenkende Ergänzungen nahe der Ringe (Bechemer Straße, Schmiedestraße, Brückstraße) oder die Errichtung von Fahrradstraßen bzw. Fahrradzonen (Minoritenstraße, Philippstraße, Wiesenstraße, Am Krumbachskothen).

„Die nun zu beschließenden Maßnahmen begrüßen wir Grünen sehr, haben wir uns doch bekanntlich seit Jahren intensiv dafür eingesetzt. Für alle Verkehrsteilnehmer wird das reduzierte Tempo auf diesen Straßen Verbesserungen in Sachen Verkehrssicherheit, Lärmbelastung und Aufenthaltsqualität bringen“, kommentiert Ute Meier, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Ratinger Grünen, die Vorhaben positiv.

Verärgert aber zeigt man sich über das Abstimmungsverhalten von CDU, BU und FDP im Ausschuss für Stadtentwicklung und Mobilität vom 7. Juni 2023: „Über die gesamte Beratungszeit zu dieser Vorlage waren sich die Fraktionen über fast alle Maßnahmen einig. Uns ärgert es aber nun sehr, dass eine der wichtigsten Maßnahmen, die Einrichtung von Tempo 30 auf der Mülheimer Straße vom Hauser Ring bis zur Oberstraße auf Veranlassung der CDU nun auf den Bereich Werdener Straße bis Oberstraße reduziert wurde“, beklagt Jörn-Eric Morgenroth, grünes Kreistagsmitglied und sachkundiger Bürger im Bezirksausschuss Mitte.

In der Begründung für den Änderungsantrag hieß es von der CDU, die Straße sei in dem Abschnitt als Einfallstraße in die Innenstadt breit genug und nicht für Tempo 30 geeignet. „Dies ist ein absolut zweitrangiges Argument. An der diskutierten Stelle führt die Straße direkt an der Anne-Frank-Grundschule und einem Kindergarten vorbei und man kann nicht selten Autofahrer beobachten, die stadteinwärts noch eine viel zu hohe Geschwindigkeit fahren“, ergänzt Morgenroth und verweist auf einen Pressetermin mit Landrat Hendele, Bürgermeister Pesch und dem ersten Beigeordnetem Anders wenige Tage nach der Ausschusssitzung. In der Anne-Frank-Schule wurden Kinder geehrt, die zu Fuß ohne „Elterntaxi“ zur Schule kommen. „Das Thema Schulwegsicherheit wird inhaltlich fürsorglich dargestellt, die politische Entscheidung hat dies aber konterkariert“, so Morgenroth konsterniert. Ute Meier ergänzt: „Hier scheint für CDU, BU und FDP der vermeintlich ungestörte Verkehrsfluss das höhere Gut zu sein.“

Andere Städte in Nordrhein-Westfalen sind im Rahmen der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ in der Verkehrsplanung bereits viel weiter. Detmold z.B. hat in den letzten Jahren die Tempo-30-Zonen sukzessive ausgebaut, so dass jetzt fast der gesamte Innenstadtbereich inklusive der meisten Ausfallstraßen Tempo 30 hat. „Es ist wirklich auffallend, wie ruhig und entspannt die Innenstadt in Detmold dadurch wirkt“, berichtet der Sprecher des Grünen Ortsverbands Michael Schäfer, der beruflich zur Zeit oft dort ist. „Auch als Autofahrer ist Tempo 30 in einem geschlossenen System wie in Detmold effektiver. Man hat dadurch im ohnehin engen und von Ampeln unterbrochenen Innenstadtverkehrsfluss eine konstantere Durchschnittsgeschwindigkeit und kommt besser voran“, ergänzt Schäfer. Zudem zeige sich durch die aufeinander angepassten Geschwindigkeiten von PKW- und Fahrradverkehr eine größere Sicherheit und ein besserer Verkehrsfluss. Da wirke es gerade schon fahrlässig, wenn die CDU-Vertreter im Ausschuss in Ratingen argumentieren, es sei sinnvoller für die PKW, mit Tempo 50 an einer Grundschule und an einem Kindergarten vorbeizufahren, um die Grünphase einer Ampel besser ausnutzen zu können.